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Leitzinserhöhung einfach erklärt

Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins angehoben und somit eine Zinswende eingeleitet – das erste Mal nach elf Jahren. Im heutigen Blogbeitrag erläutern wir dir, was das genau bedeutet und welche Konsequenzen dies für uns als Sparer, Verbraucher und Anleger hat.

LEITZINS

Was ist der Leitzins?

Während man häufig von dem „einen“ Leitzins spricht, gibt es tatsächlich drei Leitzinsen. Unter ihnen versteht man die von der zuständigen Zentralbank (bei uns die EZB) festgelegten Zinssätze, zu denen sich Geschäftsbanken bei einer Zentral- oder Notenbank Geld beschaffen oder es bei dieser anlegen können.

Und so funktioniert´s:
Zinssenkungen wirken sich regelmäßig wachstumsfördernd aus: Kredite werden günstiger, mehr Geld gerät auf den Markt und die Preise steigen entsprechend.Erhöhungen des Zinses wirken da hingegen eher hemmend für das Wirtschaftswachstum. Die Kredite für Investitionen von Unternehmen werden teurer, der Konsum und somit die Nachfrage sinkt und die Preise reduzieren sich. Durch diese Anpassungen der Leitzinsen soll ein stabiles Preisniveau und eine geringe Inflationsrate gewährleistet werden. Die EZB strebt ein Inflationsziel von 2 % an. Jüngst bewegte sich die Inflation jedoch bei 10 %, dem höchsten Stand seit der 1950er Jahre. Die EZB musste also handeln und erhöhte auch den für Verbraucher wichtigsten Leitzins – doch welcher ist das und wozu dient er?

ARTEN

Welche Leitzinsen gibt es?

Die EZB (Europäische Zentralbank) legt die Leitzinsen für das Hauptrefinanzierungsgeschäft, die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität fest. Hierbei ist der Leitzins für das Hauptrefinanzierungsgeschäft der wichtigste Leitzins. Diesen meint man vorwiegend, wenn man von „dem“ Leitzins redet. Er legt fest, zu welchem Zinssatz sich Banken Geld von der Zentralbank leihen können. Die Mindestlaufzeit beträgt – anders als bei der Spitzenrefinanzierungsfazilität – eine Woche. Daher ist dieser Leitzins auch so enorm wichtig für die Verbraucher: Steigen die Kosten für Banken, geben diese die erhöhten Kosten regelmäßig direkt an die Verbraucher und Unternehmen weiter. Dies geschieht in Form von höheren Zinsen auf Kredite. Die EZB nutzt die Erhöhung als Instrument, der Geldentwertung (Inflation) entgegenzutreten.

Seit März 2016 rangierte der Leitzins bei 0 %, nun wurde er im Juli erstmals auf 0,5 % und Anfang September auf 1,25% erhöht. Solch eine starke Anhebung gab es seit der Euroeinführung nicht mehr. Der Spitzenrefinanzierungssatz wurde ebenfalls erhöht. Dieser bestimmt die Kosten, zu denen sich Banken kurzfristig – etwa über Nacht – Zentralbankgeld beschaffen können. Die EZB steuert durch den Spitzenrefinanzierungssatz die Liquiditätsvorsorge der Geschäftsbanken: Ein niedriger Zinssatz führt tendenziell zu einer erhöhten Geldmenge und einer gesteigerten Geldumlaufgeschwindigkeit – also genau dem Gegenteil dessen, was nun gebraucht wird.

Die Einlagefazilität beschreibt die Verzinsung, wenn Banken ihr Geld über Nacht bei der EZB anlegen. Je höher dieser Zinssatz ist, desto mehr Geld verdienen Banken, die das überschüssige Geld bei der EZB kurzfristig unterbringen. Dieser Zinssatz bewegt sich seit 2014 im negativen Bereich (seit 2019 bei -0,5 %). Banken, die ihre überschüssige Liquidität nicht als Kredit vermitteln oder anderen Banken wiederum leihen können, werden hierdurch „sanktioniert“. Durch die Zinserhöhung im September steigt der Einlagenzins nun auf 0,75 %.

FOLGEN

Welche Auswirkungen treffen uns?

Änderungen der Leitzinsen, insbesondere des Zinssatzes für Hauptrefinanzierungsgeschäft, wirken auf das Wirtschaftswachstum mit einer Verzögerung von ca. einem Jahr ein. Die Auswirkungen für die Bürger werden daher erst im kommenden Jahr final sichtbar werden. Während die Zinsentwicklung eine nicht unwichtige Grundlage für Entscheidungen von Verbrauchern darstellt, ist es andererseits kaum möglich, belastbare Aussagen über die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden Monate und Jahre zu treffen. Klar ist jedoch, dass sich die Änderung der Leitzinsen auf uns als Verbraucher niederschlägt.

Unser Geld

Eine pauschale Prognose, welche Konsequenz die Leitzinserhöhungen für unser Geld haben wird, ist schwer, weshalb wir uns für die Darstellung verschiedener Bereiche entschieden haben:

Sparer

Die Ära der Niedrigzinsen auf Tages- und Festgeldkonten sowie der Negativzinsen auf Konten, die einen bestimmten Freibetrag überschreiten, endet mit hoher Wahrscheinlichkeit. Viele Banken schaffen nun teilweise oder gänzlich die Negativzinsen ab und zahlen wieder mehr Zinsen für eingelagertes Geld.

Sparer profitieren hiervon: Die Zinsen der Tages- und Festgeldkonten können also wieder steigen. Allerdings bringt ein Blick auf die hohe Inflationsrate Ernüchterung, denn der Realzins bleibt zunächst auch weiterhin im negativen Bereich. Auch Langfristig glauben wir nicht daran, dass es hohe Zinsen geben wird, welche die Inflation ausgleichen werden. Aber who knows.

Kreditnehmer

Grundsätzlich gilt: Kredite werden teurer. Dies gilt für Banken ebenso wie für geschäftliche oder private Kreditnehmer. Die Zinsen für Baukredite sind zwischen Januar und Juni 2022 auf den höchsten Stand seit 10 Jahren angestiegen. Die Zinserhöhung schlägt sich aber auch bei Dispokrediten oder Ratenzahlungen nieder.
Dies bedeutet für die Praxis, dass du deinen Kreditantrag nach Möglichkeiten kurzfristig stellen solltest, um von dem – noch – niedrigen Zinsniveau zu profitieren, bevor sich dieses hebt. Dennoch sollte dies zu keiner Kurzschlussentscheidung führen: Meistens bleibt das Zinsniveau für einige Tage oder Wochen weitestgehend konstant.

Immobilienmarkt

Wie bereits erläutert, werden insbesondere Immobilienkredite durch den höheren Zinssatz teurer. In Verbindung mit dem Hochniveau der Immobilienpreise bedeutet dies, dass viele Bürger ihren Traum vom Eigenheim aktuell erst einmal verschieben müssen. Mittel- bzw. Langfristig könnte die Leitzinserhöhung jedoch für den Rückgang der Nachfrage an Immobilien sorgen, was zu einer Minderung der Preise führen könnte. Für die Entwicklung des Bauzinses spielt der Leitzins jedoch eher eine Nebenrolle: Ein viel wichtigerer Indikator ist der oben bereits angesprochene Pfandbrief.

Eine kurze Erklärung: Will jemand einen Baukredit bei der Bank abschließen, so muss diese die Zinsentwicklung der nächsten Jahre bzw. Jahrzehnte abschätzen, um das Geld nicht „wertlos“ an den Kreditnehmer weiterzugeben und diesem einen festen Zinssatz anbieten zu können. Für diese Abwägung dienen der Bank insbesondere Bundesanleihen und Pfandbriefe. Letztere sind Wertpapiere, mit denen sich die Bank bei Anlegern das Geld besorgt, welches sie als Baukredit an den Kreditnehmer verleiht. Im Umkehrschluss lässt sich die Entwicklung der Bauzinsen also gut an den Pfandbriefrenditen ablesen. Daher lohnt sich ein Blick hierauf für alle, die sich überlegen, einen Immobilienkredit aufzunehmen.


Anleger

Die steigenden Zinsen machen Bundesanleihen und Pfandbriefe attraktiver als Aktien, weshalb der Kurs durch Anleger, die ihre Aktien abstoßen wollen, kurzfristig ins Schwanken geraten kann. Anleihen sind uns persönlich zu riskant, da sie zinsabhängig sind. Deshalb lassen wir davon die Finger weg (Gerade jetzt während den ungewissen Zinsveränderungen).

Wir haben bei Aktien und ETFs unsere Sparpläne erhöht, denn von fallenden Kursen sollte man nicht zu sehr beeindrucken lassen, sondern diese stattdessen als super Einstiegschance sehen, da die Wertpapiere gerade im Sonderangebot sind. Kursschwankungen lassen sich mit gestreuten Investitionen und einem Anlagehorizont von mehreren Jahren bzw. Jahrzehnten mit Leichtigkeit überwinden.

FAZIT

persönliches Fazit

Die Erhöhung der Leitzinsen hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf uns als Verbraucher. Es kommt bei der Frage der Konsequenz also auf die individuelle Position des Einzelnen an. So profitieren Sparer, die ihr Geld auf einem Tages- oder Festgeldkonto lagern, von der Zinserhöhung, da sie wohl keinen Negativzinsen mehr ausgesetzt sein werden, jedoch bleibt der Realgewinn durch die Inflation negativ.

Schlechter könnte es für den Immobilienmarkt bzw. für diejenigen aussehen, die sich aktuell für einen Baukredit entscheiden, dessen Kosten steigen werden. Dennoch besteht die Chance, dass sich die Immobilienpreise mittel- bzw. langfristig nach unten korrigieren.

Für diejenigen, die ihr Geld in Wertpapiere anlegen, heißt es, Geduld zu bewahren. Während sich die Kursschwankungen für kurzzeitige Aktienanleger bemerkbar machen, können Investitionen mit einem Anlagehorizont über mehrere Jahre die Schwankungen gut wegstecken.

Stattdessen sollte man die drohende Rezession als vielleicht besten Einstiegspunkt seines Lebens betrachten, denn von den günstigen Kursen an der Börse, kann man langfristig enorm profitieren:

 

„In Krisen werden die Gewinner
von morgen gemacht!“


Welche tatsächlichen Folgen die Leitzinserhöhung für die Realität der nächsten Monate und Jahre darstellt, bleibt abzuwarten.

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